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Mit vollem Vertrauen
(01.08.2016) Die Vertrauensleute tragen gewerkschaftliche und politische Themen in die Betriebe. Mit großem Erfolg, wie in den vergangenen vier Jahren zu sehen war.

Motorenlärm zieht durch die Halle. An den Maschinen werden hochkomplexe Zerspanteile für einen Eurofighter produziert. Es ist ein Auftrag, bei dem es um Millionen geht. An diesem Morgen aber ist es etwas anderes, was den Blick der ArbeiterInnen in der Halle auf sich zieht: Es sind kleine Aufkleber, die in Sichthöhe auf den Maschinen prangen. Die Aufschrift: "Dieser Arbeitsplatz taugt nicht bis 67." Überall bilden sich kleine Grüppchen von KollegInnen, die sich um einen Aufkleber sammeln, die Fragen aufwerfen, lachen, diskutieren. "Es ist eine konstruktive Unruhe entstanden“, erzählt Dieter Lange, bis vor kurzem Vertrauenskörperleiter der IG Metall Küste bei Premium Aerotec in Varel. "Die Aufkleber haben für interessante Diskussionen gesorgt."
Die Vertrauensleute im Betrieb haben an jenem Morgen um die 200 Aufkleber auf Maschinen geklebt, initiiert vom bezirklichen Vertrauensleuteausschuss der IG Metall. Die Idee: Die Beschäftigten im Unternehmen sollten für das Thema alters- und alternsgerechtes Arbeiten sensibilisiert werden. Nicht durch ein abstraktes Flugblatt, sondern durch die Konfrontation mit dem Thema am eigenen Arbeitsplatz. "Das politische Thema wurde dadurch zu einem sehr persönlichen", sagt Lange. "Viele Kolleginnen und Kollegen haben die Vertrauensleute anschließend mit Fragen zur Altersteilzeit und Beschäftigungsbrücke angesprochen."
Politische und gewerkschaftliche Themen in die Betriebe zu tragen, ist die Aufgabe der IG Metall-Vertrauensleute. In den vergangenen vier Jahren haben sie da ganze Arbeit geleistet. Das zeigt sich schon an den Zahlen: Nachdem sich in den Jahren zuvor immer weniger Betriebe an der Vertrauensleutewahl beteiligt hatten, ist die Zahl seit 2012 erstmals wieder angestiegen. Zwanzig Prozent mehr Vertrauensleute als in der Wahlperiode davor gibt es inzwischen im Bezirk, erzählt Stephanie Schmoliner, Tarifsekretärin der IG Metall Küste und zuständig für die Betriebspolitik: "Wir haben die Basis der IG Metall in den Betrieben dadurch deutlich ausgebaut und stärker gemacht."
Die Vertrauensleute im Bezirk sind hervorragend vernetzt. Ihr zentrales Gremium ist der Vertrauensleuteausschuss, der tarif-, betriebs- und gesellschaftspolitische Themen aufgreift und in die Betriebe trägt – so wie bei der Aufkleberaktion zum Thema Rente mit 67. Die Aktion diente im Betrieb auch zur Mobilisierung für den neuen Tarifvertrag zur Altersteilzeit – so kann man Hand in Hand zusammenarbeiten.
Wichtige Aufgabe der Vertrauensleute war es in den vergangenen Jahren natürlich auch, vor Ort die Betriebsratswahlen 2014 mit vorzubereiten und die jeweiligen Tarifrunden zu begleiten. Es hat sich gezeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen auf die Vertrauensleute setzen können – und umgekehrt.
Bei der jüngsten Tarifrunde in Oldenburg zum Beispiel sind am 10. März 2016 über 2 000 MetallerInnen trotz der Friedenspflicht zur Unterstützung zum Verhandlungsort gekommen. Alleine von Premium Aerotec aus Varel sind 200 Kolleginnen und Kollegen angereist – die sich dafür extra einen Urlaubstag genommen haben, wie Vertrauenskörperleiter Dieter Lange erzählt: "Wir Vertrauensleute haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, unsere Verhandlungskommission zu unterstützen. Da sind die Kolleginnen und Kollegen natürlich gekommen."
Darüber hinaus hat der Vertrauensleuteausschuss im Bezirk jedes Jahr ein betriebspolitisches Forum zu einem Schwerpunkthema organisiert. In den vergangenen vier Jahren waren das die Themen Werkverträge, Leiharbeit, Rente mit 67 und Industrie 4.0. Zu diesem Thema gab es sogar zwei Konferenzen. "Wir sind der einzige Bezirk in Deutschland", so Lange, "der das Thema so massiv nach vorne getragen hat. Und es geht 2016 mit dem Thema Arbeitszeit weiter."
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